Stromgestehungskosten – Wie viel kosten Solar-, Wind- und Kohlestrom wirklich?


Unter Stromgestehungskosten werden alle Kosten zusammengefasst, die bei der Umwandlung eines Energieträgers in elektrischen Strom anfallen. Doch welche Faktoren spielen bei der Berechnung der Stromgestehungskosten eigentlich eine Rolle? Und welche Art von Strom ist demnach am günstigsten? Hier erfahren Sie es.

Was versteht man unter Stromgestehungskosten?

Der Begriff Stromgestehungskosten, im Englischen Levelized Cost of Electricity (LCOE), umfasst alle Kosten, die bei der Umwandlung einer bestimmten Energieform in elektrischen Strom anfallen. Mit ihrer Hilfe können verschiedenen Energieträger hinsichtlich ihrer tatsächlichen Kosten verglichen, analysiert und bewertet werden. Die Stromgestehungskosten sind daher vor allem für politische Entscheidungsträger*innen und Energiekonzerne relevant, wenn es um die Ausgestaltung der Energiewende geht. Aber auch für Privatpersonen, die sich für eine eigene PV-Anlage interessieren, kann ein Blick auf die Stromgestehungskosten durchaus Sinn ergeben.

Wie setzen sich die Stromgestehungskosten zusammen?

Zur Berechnung der Stromgestehungskosten werden alle über die Laufzeit einer Stromerzeugungsanlage anfallenden Kosten durch den zu erwartenden Stromertrag während dieser Laufzeit dividiert. Zu den Kosten zählen dabei die gesamten Investitionsausgaben (inkl. Zinseffekten), die Installationskosten, die Betriebs- und Personalkosten sowie etwaige Brennstoff- und Entsorgungskosten. Seit der Einführung des europäischen Emissionshandels werden außerdem noch die Kosten für CO₂-Emissionen bei der Berechnung der Stromgestehungskosten mitberücksichtigt.

Stark vereinfachte Formel zur Berechnung der Stromgestehungskosten (LCOE)
Stark vereinfachte Formel zur Berechnung der Stromgestehungskosten (LCOE)

Andere externe Folgekosten, wie gesundheitliche Probleme, Schäden an der Umwelt oder die Beeinträchtigung von Ökosystemen, werden in die Stromgestehungskosten hingegen nicht mit eingerechnet. Wäre diese der Fall, würden die Kosten bei Energieformen wie Kohle oder Atomkraft noch einmal deutlich höher ausfallen.

Die Stromgestehungskosten verschiedener Energieträger

Die tatsächlichen Stromgestehungskosten eines Energieträgers hängen von vielen Faktoren ab und können über die Laufzeit der Erzeugungsanlage hinweg sinken oder steigen. Bei Windrädern und Solaranlagen kommt hinzu, dass der tatsächliche Anlagenertrag von der Windmenge sowie der Sonneneinstrahlung abhängt. Diese beiden Werte können sowohl zeitlich als auch geografisch stark variieren, was zu Schwankungen bei den Stromgestehungskosten führen kann.

Für einen einheitlichen Vergleich von Erzeugungsanlagen in Deutschland sehen Sie untenstehend eine Grafik des Fraunhofer-Instituts aus einer Studie aus dem Juni 2021. Die hier berechneten Stromgestehungskosten beziehen sich auf fossile und erneuerbare Stromerzeugungsanlagen, die potenziell im Jahr 2021 errichtet wurden.

Vergleich der Stromgestehungskosten verschiedener Energieträger nach Berechnungen des Fraunhofer Instituts
© Fraunhofer ISE

Stein- und Braunkohle

Kohlekraftwerke tragen nach wie vor den größten Anteil zur weltweiten Stromproduktion bei. Allerdings sind viele Kraftwerke nicht mehr auf dem neuesten Stand der Technik und auch der Abbau von Kohle wird zunehmend aufwendiger und teurer. Das führt dazu, dass Stein- und Braunkohle relativ hohe Stromgestehungskosten von ca. 10 bis 15 beziehungsweise sogar 11 bis 20 Cent pro Kilowattstunde aufweisen (Quelle: Fraunhofer Studie 2021). Mit steigendem Anteil erneuerbarer Energien im deutschen Strommix sinkt zudem die Auslastung der Kohlekraftwerke, was zu einer geringeren Stromproduktion und somit zu weiter steigenden Gestehungskosten führt. Dieser Effekt wird übrigens auch als Merit Order Effekt bezeichnet.

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(Erd)gas

Nach einem Hoch der Gaspreise in 2021 und 2022 sind die Gaspreise 2023 wieder deutlich gesunken. Anfang 2024 kostet eine Kilowattstunde Gas aus einem Gaskraftwerk so ca. 11 Cent. In den kommenden Jahren ist jedoch zu erwarten, dass die Preise durch höhere CO2-Preise wieder deutlich ansteigen.

Gas- und Dampfturbinenkraftwerke (GuD) schneiden im Vergleich der Stromgestehungskosten mit 5 bis 10 ct/kWh noch etwas besser ab. Langfristig ist aber auch hier ein Kostenanstieg durch steigende CO2-Preise zu erwarten, der allein durch die höhere Effizienz solcher Anlagen nicht ausgeglichen werden kann.

Photovoltaik

Strom aus Photovoltaikanlagen ist heute so günstig wie nie zuvor. Mit gerade einmal knapp 3 bis 6 Cent pro Kilowattstunde hat Solarstrom aus Freiflächenanlagen die mit Abstand geringsten Stromgestehungskosten aller untersuchten Energieträger. Auch PV-Dachanlagen für den privaten Gebrauch liegen mit 11 – 13 ct/kWh weit unterhalb der Kosten von Netzstrom (32 Cent). Zudem ist Solarstrom vom eigenen Dach die einzige Energieform, die sozusagen zum „Gestehungspreis“ direkt im Haus genutzt werden kann.

Kostenentwicklung Stromspeicher

Etwas kostenintensiver wird es, wenn die PV-Anlage um eine Solarbatterie zur Zwischenspeicherung des Stroms erweitert wird. Durch die zusätzlichen Investitionsausgaben steigen die Stromgestehungskosten hier auf bis zu 10 ct/kWh bei Freianlagen beziehungsweise knapp 20 ct/kWh bei Dachanlagen. Mit fortschreitender Entwicklung der Batterietechnologie ist hier in den kommenden Jahren jedoch noch einmal eine deutliche Kostensenkung zu erwarten.

Wind (On- und Off-Shore)

Neben Photovoltaik ist Windenergie die zweite wichtige Säule der erneuerbaren Energien. Auch hier liegen die Stromgestehungskosten, wie schon bei PV, weit unter denen konventioneller Energieträger wie Kohle oder Gas. Mit ca. 4 bis 8 Cent pro Kilowattstunde sind Onshore Windkraftanlagen (also Windräder auf dem Festland) die zweitgünstigste Energiequelle, gleich nach Freiflächen-Photovoltaik. Offshore-Windräder, die auf offener See oder in Küstennähe Strom erzeugen, kosten aufgrund des höheren Installationsaufwandes noch etwas mehr. Hier liegen die Stromgestehungskosten bei ungefähr 9 bis 12 ct/kWh (Quelle: Fraunhofer Studie 2021).

Atomkraft (Sonderfall)

Die Stromgestehungskosten für Kernenergie werden aufgrund des diesjährigen deutschen Atomausstiegs in der Studie des Fraunhofer-Instituts nicht mehr berücksichtigt. Die aktuellsten Daten zu dieser Energieform liefert das Energie- und Wirtschaftsministeriums, welches die Stromgestehungskosten von Kernenergie auf ca. 13 Cent pro Kilowattstunde schätzt. In dieser Berechnung fehlen jedoch die sogenannten Ewigkeitskosten der Kernenergie, womit vor allem die Endlagerung des Atommülls sowie die Kosten für den Atomausstieg gemeint sind. Würde man diese Ewigkeitskosten mit einbeziehen, lägen die „wahren Kosten“ der Kernenergie vermutlich deutlich höher. Der BUND geht beispielsweise von realen Kosten von fast 42 ct/kWh aus.

Ausblick: Die Entwicklung der Stromgestehungskosten

Die Entwicklung der vergangenen Jahre hat gezeigt: Die Stromgestehungskosten von erneuerbaren Energien wie Wind und Photovoltaik nehmen immer weiter ab, während gerade Strom aus Kohle und Gas zunehmend teurer wird. Die nächsten Jahre dürften diese gegenläufige Entwicklung nur noch verstärken. Das liegt größtenteils daran, dass die Stückkosten für Solarmodule und Windräder durch steigende Produktionskapazitäten wohl noch weiter sinken werden. Zeitgleich produzieren konventionelle Erzeugungsanlagen durch den Ausbau der erneuerbaren Energien selbst immer weniger Strom, was zwangsläufig zu steigenden Stromgestehungskosten bei Kohle und Gas führt (Merit Order Effekt). Auch steigende CO2-Preise treiben die Kosten für fossile Energieträge weiter nach oben.

Fazit: Solar- und Windenergie haben die Nase vorn

Die Stromgestehungskosten spiegeln die Kosten wider, die bei der Umwandlung einer Energieform in elektrischen Strom anfallen. Dabei werden alle Ausgaben über die gesamte Laufzeit einer Anlage – von der Erstinvestition bis hin zu möglichen Brennstoff- und Entsorgungskosten – in die Berechnung mit einbezogen. Stromgestehungskosten ermöglichen somit einen besseren Vergleich unterschiedlicher Arten von Stromerzeugungsanlagen und helfen dabei, Entscheidungen hinsichtlich der Ausgestaltung der Energiewende zu treffen. 

Zudem wird anhand der Stromgestehungskosten deutlich, dass Solar- und Windenergie-Anlagen schon heute deutlich günstigeren Strom liefern als konventionelle Kraftwerke. Während die Stromgestehungskosten erneuerbarer Energiequellen in den kommenden Jahren zudem noch weiter sinken sollten, werden fossile Energieträger vermutlich noch weiter im Preis steigen. Es zeigt sich also: Solar- und Windenergie haben bereits heute die Nase vorn und sind auch in Zukunft unsere beste Chance auf kostengünstigen und sauberen Strom für alle.

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