Der Emissionshandel – Wie funktioniert der Markt für CO₂-Zertifikate?


Der Emissionshandel ist – neben der CO₂-Steuer – eines von zwei Instrumenten zur Bepreisung klimaschädlicher Emissionen. Der Preis für eine Tonne CO₂ ergibt sich dabei durch den An- und Verkauf sogenannter Emissionszertifikate. Doch wie sinnvoll ist dieses marktwirtschaftliche Instrument zur Bekämpfung des Klimawandels wirklich?

Der Emissionshandel – Alles Wichtige im Überblick

  • Unter dem Begriff Emissionshandel versteht man den Handel von Zertifikaten, die ihrem*r Besitzer*in (in der Regel Staaten oder Unternehmen) das Recht zum Ausstoß von Treibhausgasemissionen gewähren.
  • Der Grundstein für dieses System wurde im Jahr 1997 auf der Klimarahmenkonvention in Japan gelegt und im sogenannten Kyoto-Protokoll festgehalten. 2015 wurde das Kyoto Protokoll in das Übereinkommen von Paris überführt; heute umfasst es 195 Staaten.
  • Der Emissionshandel basiert auf dem Cap and Trade Prinzip (dt.: begrenzen und handeln). Das heißt, dass jährlich eine bestimmte Menge an CO₂-Zertifikaten (Cap) ausgegeben wird, die dann auf dem Sekundärmarkt gehandelt werden kann (Trade).
  • Innerhalb der EU wird der Handel mit CO₂-Zertifikaten über das European Union Emissions Trading System (EU ETS) geregelt. Das EU ETS ist bis heute das einzige internationale Emissionshandelssystem.
  • Kritik am Prinzip des Emissionshandels gibt es vor allem wegen eines Überschusses an Zertifikaten seit der Weltwirtschaftskrise im Jahr 2008 und der großzügigen Verteilung kostenloser Zertifikate an Unternehmen mit besonders hohen CO₂-Emissionen.

Handeln mit Emissionen – Was bedeutet das überhaupt?

Der Emissionshandel ist ein marktwirtschaftliches Instrument zur Reduktion von klimaschädlichen Treibhausgasen und funktioniert wie folgt: 

In mehrjährigen Handelsperioden wird vonseiten der Politik aus festgelegt, wie viele Tonnen CO₂ ein ganzer Sektor oder ein bestimmtes Unternehmen innerhalb eines Jahres insgesamt emittieren darf. Diese Festlegung geschieht in Form von Zertifikaten, die die jeweiligen Unternehmen oder Sektoren bei staatlich organisierten Auktionen erwerben müssen. Dabei berechtigt jedes der Zertifikate zum Ausstoß von umgerechnet einer Tonne CO₂. Möchte ein Unternehmen nun innerhalb eines Jahres mehr CO₂ ausstoßen, als es entsprechende Zertifikate zur Verfügung hat, muss es am Sekundärmarkt zusätzliche CO₂-Zertifikate erwerben. Diese frei zugänglichen Zertifikate stammen dabei in der Regel von Unternehmen, die weniger CO₂ emittieren, als sie eigentlich dürften, und dementsprechend über einen Überschuss an CO₂-Zertifikaten verfügen. Sollte sich ein Unternehmen trotz allem bewusst gegen den Ankauf von CO₂-Zertifikaten entscheiden und mehr CO₂ emittieren als erlaubt, werden Strafzahlungen fällig. 

Grafische Darstellung des Emissionshandels
Das Prinzip des Emissionshandels

Rein theoretisch belohnt der Emissionshandel so Unternehmen, die ihren CO₂-Fußabdruck möglichst gering halten, indem er ihnen eine zusätzliche Einnahmequelle bietet. Gleichzeitig müssen beispielsweise die Kohle- oder auch die Stahlindustrie, die beide große Mengen an CO₂ ausstoßen, für ihr klimaschädliches Handeln bezahlen. Mit anderen Worten: Durch den Emissionshandel soll sich Klimaschutz zunehmend auch aus finanzieller Sicht lohnen. 

CO₂-Preis, CO₂-Steuer und Emissionshandel – die Unterschiede

Wenn es um das Thema CO₂-Bepreisung geht, tauchen immer wieder drei verschiedene Begriffe auf, die fälschlicherweise synonym verwendet werden. Deshalb möchten wir an dieser Stelle kurz die Unterschiede zwischen den Begrifflichkeiten CO₂-Preis, CO₂-Steuer und Emissionshandel erklären: 

  • Der Begriff CO₂-Preis beschreibt den gesamten Preis, der für eine Tonne Kohlenstoffdioxid gezahlt werden muss. Dieser umfasst sowohl die CO₂-Steuer als auch die Abgaben, die im Rahmen des Emissionshandels gezahlt werden müssen.
  • Die CO₂-Steuer ist eine Umweltsteuer, die auf die Emission klimaschädlicher Treibhausgase gezahlt wird. Die Höhe der CO₂-Steuer wird dabei von politischer Seite aus festgeschrieben. Aktuell, also im Jahr 2024, liegt diese in Deutschland bei 45 € pro Tonne CO₂.
  • Beim Emissionshandel bestimmt der Handel zwischen verschiedenen Parteien den Preis für eine Tonne CO₂. Vonseiten der Politik wird hier einzig die jährliche Obergrenze an CO₂ festgelegt, die insgesamt innerhalb eines Jahres emittiert werden darf.

Exkurs: Das Kyoto Protokoll als politische Grundlage

Der Grundstein für den heutigen Emissionshandel wurde bereits 1997 bei der Klimarahmenkonvention im japanischen Kyoto gelegt. Damals beschlossen die Vereinten Nationen (UN), den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase mit dem Handel von CO₂-Zertifikaten schrittweise einzudämmen. In Kraft trat das daraus entstandene Kyoto Protokoll allerdings erst im Jahr 2004. Das lag daran, dass sich für das Inkrafttreten des Kyoto Protokolls mindestens 55 Staaten, die gemeinsam für 55 % der globalen Emissionen verantwortlich sind, dem Protokoll gegenüber verpflichten mussten. Eben diese Grenze wurde erst im Jahr 2004 überschritten, als sich Russland dem Kyoto Protokoll anschloss.

Bis 2011 hatten sich 191 Staaten weltweit dem Kyoto Protokoll angeschlossen. Dazu zählten neben der gesamten EU auch viele Länder des globalen Südens, sowie seit dem Jahr 2007 auch Australien. Kanada hingegen hat das Kyoto Protokoll im selben Jahr wieder verlassen; die USA, die für fast 35 % der globalen Emissionen verantwortlich sind, lehnen das Kyoto Protokoll seit seiner Einführung konsequent ab.

Im Jahr 2015 wurde das Kyoto Protokoll im Rahmen der Klimarahmenkonvention in Paris in das Pariser Klimaabkommen überführt und von allen 195 von der UN anerkannten Staaten ratifiziert.

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Das Cap and Trade Prinzip

Der Emissionshandel funktioniert nach dem sogenannten Cap and Trade Prinzip. Über den Cap wird dabei die Menge an Treibhausgasemissionen gedeckelt, die über einen bestimmten Zeitraum ausgestoßen werden darf. Der Trade wiederum sorgt dafür, dass die ausgegebenen Emissionsrechte zwischen verschiedenen Unternehmen und Sektoren gehandelt werden können. Durch dieses Prinzip erhält eine Tonne CO₂ erstmals einen monetären Gegenwert, der sich marktwirtschaftlich anhand von Angebot und Nachfrage bestimmt. 

Um über den Emissionshandel eine klimaschonende Wirkung zu erreichen, wird der Cap jedes Jahr um wenige Prozentpunkte nach unten verschoben. Das sorgt dafür, dass mit der Zeit immer weniger CO₂-Zertifikate an die Unternehmen ausgegeben werden und dementsprechend auch weniger Emissionsrechte im Umlauf sind. Nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage steigt somit der Preis für eine Tonne CO₂. Dadurch wird es für Unternehmen zunehmend attraktiver, ihre Emissionen zu senken und in umweltfreundliche Technologien zu investieren.

EU ETS – Der Emissionshandel innerhalb der EU

Neben dem nationalen Emissionshandel gibt es seit 2005 auch ein europaweites Emissionshandelssystem, das EU ETS. In diesem Emissionshandelssystem sind alle große Industrieanlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme, Stahlwerke, Zementwerke und Raffinerien, sowie seit 2012 auch alle europäischen Luftfahrzeugbetreiber mit inbegriffen und zur Teilnahme verpflichtet. Insgesamt umfasst das EU ETS heute knapp 11.000 Anlagen und einige hundert Luftfahrzeugbetreiber in 30 europäischen Ländern (EU + Liechtenstein, Island, Norwegen und die Schweiz). Damit deckt das EU ETS aktuell ca. 45 % der europäischen Treibhausgasemission ab.

Der europaweite Cap des EU ETS wurde im Jahr 2013 (Beginn von Phase lll des EU-Emissionshandels) auf 2.084 Millionen CO₂-Zertifikate festgelegt. Bis ins Jahr 2020 sank diese Obergrenze um jährlich 1,74 %. Seit 2021 – dem Beginn der vierten Phase des EU ETS – sinkt der Cap jedes Jahr um 2,2 %. Unter anderem durch diese Verschärfung der jährlichen Regression stieg der Preis für eine Tonne CO₂ im Mai 2021 erstmals auf über 50 €/Tonne. Im Dezember 2022 lag der Preis für eine Tonne CO₂ bei 84 €.

Entwicklung des Preises pro Tonne CO2 im ETS
Entwicklung des Preises für eine Tonne CO₂ innerhalb der EU bis Oktober 2021 [1]

Im Rahmen des Fit for 55 Programms, welches die EU-Kommission im Juli 2021 erstmals vorstellte, soll die jährliche Regression von 2,2 % auf 4,2 % angehoben werden. Damit würde der Preis für eine Tonne CO₂ innerhalb der EU auf schätzungsweise 90-130 € ansteigen.

Der Emissionshandel innerhalb Deutschlands

In Deutschland wird der nationale Emissionshandel derzeit noch über eine feste CO₂-Steuer von 30 € pro Tonne CO₂ umgesetzt. Erst ab dem Jahr 2026 soll die feste Versteuerung der Treibhausgasemissionen in einen nationalen Emissionshandel nach europäischem Vorbild überführt werden.

Aber auch so ist der Emissionshandel bereits heute ein lukratives Geschäft für den deutschen Haushalt. Im Jahr 2021 konnten alleine über den europäischen Emissionshandel etwa 5,3 Milliarden Euro eingenommen werden. Dazu kommen weitere 7,2 Milliarden Euro durch die nationale CO₂-Steuer. Diese Mehreinnahmen sollen nun vorrangig zur Entlastung der Bevölkerung sowie für Investitionen in klimafreundliche Technologien genutzt werden. Zudem soll über die Einnahmen aus dem Emissionshandel die Abschaffung der EEG-Umlage finanziert werden.

Kritik am Handel mit CO₂-Zertifikaten

Auf dem Papier hat der Emissionshandel ein enorm großes Potenzial, einen echten wirtschaftlichen Anreiz zur Reduktion von Emissionen zu schaffen. Allerdings gibt es schon seit der Einführung entschiedene Kritik an der praktischen Umsetzung des (EU-)Emissionshandels. Dabei werden vor allem zwei Punkte nach wie vor immer wieder genannt:

  1. Zu hoher Cap: Zwischen 2005 und 2018 lagen die tatsächlichen Emissionen nur ein einziges Mal (2008) über der politisch festgelegten Obergrenze. Durch das daraus resultierende Überangebot an Emissionszertifikaten kam es zu einem akuten Preisverfall am Sekundärmarkt. Dieser führte dazu, dass der Preis für CO₂ fast sechs Jahre lang bei unter 10 €/Tonne lag.
  2. Kostenlose Zertifikate: Um gewisse Branchen nicht durch den Einkauf von CO₂-Zertifikaten zu belasten, gibt die Politik seit Einführung des Emissionshandels immer wieder große Mengen kostenloser Zertifikate heraus. Diese gehen unter anderem auch an Kohlekraftwerke oder die Stahlindustrie, die mit dem Verkauf dieser Emissionszertifikate teilweise sogar zusätzliche Gewinne erzielen konnten. Immerhin: Die Vergabe kostenloser Zertifikate soll im Rahmen des neuen Fit for 55 Programms bis spätestens 2027 – zumindest in der EU – schrittweise auslaufen.

Der europäische Emissionshandel – Ein Ausblick

Der internationale Emissionshandel ist ein ungemein komplexes System. Auch deshalb mussten seit der Einführung im Jahr 2005 immer wieder kleinere und auch größere Korrekturen am System vorgenommen werden. So wurde vor allem dafür gesorgt, dass der jahrelang andauernde Preisverfall durch ein Überangebot an Emissionszertifikaten zuletzt erfolgreich abgefedert wurde. Das führte dazu, dass der Preis pro Tonne CO₂ in den letzten zwei Jahren kontinuierlich anstieg und mittlerweile weit über 50 €/Tonne liegt. Doch es bleibt nach wie vor die Frage: Reicht die aktuelle Form des Emissionshandels wirklich aus?

Diese Frage lässt sich auch nach über 15 Jahren Emissionshandel und vielen Anpassungen nicht klar beantworten. Fest steht allerdings, dass CO₂ und andere Treibhausgase auch in Zukunft einen Preis brauchen, der ihre tatsächlichen Kosten für Gesellschaft und Umwelt widerspiegelt. Der Emissionshandel ist hierfür das vermeintlich beste Instrument, dass wir gegenwärtig zur Verfügung haben. Entscheidend für den Erfolg des Emissionshandels wird dabei sein, wie sich der Handel mit Emissionszertifikaten in den kommenden Jahren entwickelt und ob mehr Staaten dem europäischen Beispiel eines internationalen Emissionshandels folgen werden.

[1] Von Allavion – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=112457320

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