Floating-PV-Anlage auf See ind den Niederlanden
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Floating- und Agri-PV: Die zwei großen Trends der Photovoltaikbranche

Bis 2030 sollen in Deutschland 140 Gigawatt neue Photovoltaik-Leistung installiert werden. Neben klassischen Dachanlagen und großen Solarparks könnten dabei vor allem zwei noch weniger bekannte Photovoltaik-Konzepte sehr wichtig werden: Floating-PV und Agri-PV. Doch was genau steckt hinter diesen beiden Ideen?

Die neue Bundesregierung ist gewählt, Kanzler, Minister und Ministerinnen vereidigt. Jetzt heißt es: In den Arbeitsmodus wechseln und die Herausforderungen der kommenden Jahre angehen. Eine der größten, wenn nicht sogar die größte Aufgabe, wird dabei natürlich die Bekämpfung des Klimawandels sein. Dazu möchte die neue Regierung bis 2030 circa 200 Gigawatt Photovoltaik-Leistung in Deutschland installiert haben – ein künftiger Ausbau von immerhin 15 Gigawatt pro Jahr. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr waren es lediglich knapp 1,4 GW!

Doch wo sollen die ganzen Photovoltaikanlagen eigentlich installiert werden? Neben klassischen Dachanlagen könnten die neuartigen Konzepte Agri-PV und Floating-PV eine Lösung sein, da sie – genau wie klassische Dachanlagen – keine bisher ungenutzten Freiflächen in Anspruch nehmen. Agri-PV- und Floating-PV-Systeme zeichnen sich stattdessen durch die duale Nutzung landwirtschaftlicher Flächen sowie stehender Gewässer aus. Die Ideen im Detail:

Agri-PV – Photosynthese und Photovoltaik

Agri-Photovoltaik bezeichnet die gleichzeitige Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen zur Produktion von Nahrungsmitteln – wie Mais oder Weizen – und zur Erzeugung von erneuerbarem Solarstrom. Dazu werden PV-Anlagen mit Hilfe von Stahlgerüsten hoch über vorhandenen Ackerflächen oder auf sogenannten Movertischen entlang der üblichen Fahrspuren montiert.

Das technische Potenzial für Agri-PV ist enorm und liegt alleine in Deutschland bei knapp 1,7 Terawatt Peak beziehungsweise 1.700 Gigawatt Peak (Fraunhofer ISE). Damit könnte man die bis 2030 angestrebte Photovoltaik-Leistung mehr als acht mal decken. Weltweit sind heute (Stand: Dezember 2021) bereits knapp 3 GW Agri-PV installiert, Tendenz stark steigend.

Agri-PV birgt jedoch nicht nur großes Potenzial für eine nachhaltige Energieversorgung, sondern kann auch für die Landwirtschaft von enormem Nutzen sein. So ermöglicht Agri-PV den Ausbau der PV-Leistung bei gleichzeitiger Erschließung von Ackerflächen, was den andauernden Interessenkonflikt zwischen Energieversorgern und landwirtschaftlichen Betrieben um die Freiflächennutzung in Deutschland zumindest teilweise beilegen könnte. Des Weiteren schützen Agri-PV-Anlagen zusätzlich vor Hagel- und Dürreschäden, was die Gefahr von Ernteausfällen reduzieren könnte.

Was jetzt fehlt, sind die passenden gesetzlichen Rahmenbedingungen. Dazu zählt vor allem Gesetze zur parallelen Nutzung landwirtschaftlicher Flächen, sowie die Ausweitung der Einspeisevergütung für Agri-PV-Anlagen. Dann stünde dem Ausbau von Agri-PV auch in Deutschland nichts mehr im Wege.

Floating-PV – Photovoltaik lernt Schwimmen

Unter Floating-Photovoltaikanlagen versteht man schwimmende Solarparks, die auf stehenden Gewässern oder dem Meer installiert werden. Besonders interessant sind dabei Floating-Anlagen auf bereits bestehenden sowie geplanten Braunkohle-Tagebauseen. Hier wäre also nicht nur ein rein energiepolitischer, sondern auch ein symbolischer Wechsel von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien möglich.

Das gesamte technische Potenzial von Floating-PV auf Tagebauseen liegt in Deutschland bei ca. 56 GWp. Das Problem: Abzüglich aller für Freizeitaktivitäten genutzen und unter Landschaftsschutz stehenden Flächen verbleiben lediglich knapp 3 GWp zur wirtschaftlichen Nutzung (Fraunhofer ISE). In welchem Umfang dieses Potenzial also in Zukunft tatsächlich genutzt werden kann, hängt stark von der künftigen Gesetzgebung ab. Aktuell könnte Floating-PV – im Gegensatz zu Agri-PV – so nur einen kleinen Teil zum vorgegeben Ausbauziel für Photovoltaik beitragen.

Floating-PV-Anlagen bieten jedoch noch weitere Vorteile abseits der Stromerzeugung. Ein großer Vorteil der Technologie ist nämlich, dass die schwimmenden Solarparks die Verdunstungsrate des Wassers stark reduzieren können. Dieser Umstand macht Floating-PV vor allem für Wasserreservoirs interessant. Des Weiteren schützen die schwimmenden Paneele das maritime Ökosystem vor zu starker Sonneneinstrahlung.

Wie groß ist das Potenzial von Agri- und Floating-PV also?

Die Energiewende ist eine der größten Aufgaben der nächsten zehn Jahre in Deutschland. Damit sie gelingen kann, müssen wir so schnell wie möglich massiv Wind- und Solarenergie zubauen. Dabei sollen in Zukunft auch Agri- und Floating-PV-Systeme helfen. Gerade die duale Nutzung landwirtschaftlicher Flächen birgt dabei ein enormes Potenzial. Mit der richtigen Gesetzgebung und echten wirtschaftlichen Anreizen könnte so eine echte Win-Win-Situation für Energie- und Landwirtschaft geschaffen werden.

Inwieweit Floating-PV in Deutschland zur Energiewende beitragen kann, ist noch schwer abzusehen. Mit gerade einmal knapp 3 GWp wirtschaftlich nutzbarer Fläche ist das aktuell realisierbare Potenzial noch deutlich geringer als bei Dachanlagen oder Agri-PV. Hier wird in den kommenden Jahren viel von den gesetzlichen Weichenstellungen und der eventuellen Umsetzung von Offshore-PV-Anlagen vor deutschen Küsten abhängen.

Copyright des Titelbildes: © BayWa r.e.

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